Früher bezeichnete man kleine Balkonkraftwerke noch als Guerilla-Solaranlagen, heute laufen in Deutschland bereits 200.000 dieser Minisysteme, wie eine aktuelle Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin HTW ergeben hat. Derzeit gibt es einen regelrechten Boom, der angesichts steigender Energiepreise sicher noch weiter angekurbelt werden wird. Der Zeitpunkt für den Einstieg in die eigene Stromerzeugung ist also mehr als günstig.
Denn der Stromverbrauch in Deutschland ist enorm hoch. Im Jahr 2021 bezogen deutsche Haushalte im Schnitt 2.828 Kilowattstunden, bei den aktuellen Preisen käme man damit auf einen vierstelligen Betrag. Und das Ende der Fahnenstange ist ja bei Weitem noch nicht erreicht. Die Anschaffung eines Balkonkraftwerks kann sich also lohnen. Und wird sich in Zukunft bei weiter steigenden Kosten eher noch lohnenswerter entwickeln.
Was sind Balkonkraftwerke?
Balkonkraftwerke sind kleine Solaranlagen, die man beinahe überall am Haus anbringen kann. Selbst Mieter können damit ihren eigenen Strom erzeugen und direkt für den Betrieb ihrer elektrischen Geräte nutzen. Vereinfacht gesagt befestigt man das System einfach am Balkongeländer und steckt den Stecker in die Dose. Und schon fließt der selbst produzierte Strom. Aber wie funktionieren Balkonkraftwerke genau?
Eine Mini-Solaranlage für den Balkon besteht aus drei Komponenten:
Das Photovoltaik-Modul
Das eigentliche Herz des Balkonkraftwerks. Man verwendet in der Regel Module mit bis zu 600 Watt Leistung. Zwar sind prinzipiell auch mehrere Module mit einer höheren Leistung möglich, diese würden dann jedoch strengeren Gesetzesvorschriften unterliegen.
Der Wechselrichter
Das Photovoltaik-Modul erzeugt Gleichstrom, die Elektrogeräte im Haushalt funktionieren jedoch mit Wechselstrom. Für die Umwandlung benötigt man einen Wechselrichter.
Der Stecker
Mit einem Stecker wird das Balkonkraftwerk ans Stromnetz angeschlossen. Diesen steckt man einfach in eine beliebige Haushaltssteckdose. Die meisten Anlagen verwenden eine haushaltsübliche Schukosteckdose, alternativ kann eine sogenannte Wielandsteckdose genutzt werden.
Für sogenannte Balkonkraftwerke gibt es zahlreiche alternative Bezeichnungen:
Balkon-Solaranlage
Plug in-Anlage
Steckdosen-Solaranlage
Steckerfertige Photovoltaikanlage
Balkon-Modul
Stecker-Solaranlage
Mini-PV-Anlage
Was ist bei der Installation eines Balkonkraftwerks zu beachten?

In Bezug auf selbst erzeugten Strom gibt es einige Empfehlungen, Vorgaben und Sicherheits-vorkehrungen, mit denen man sich vor der Installation eines Balkonkraftwerks beschäftigen sollte. Im Gegensatz zu großen Solaranlagen auf privaten Hausdächern unterliegen die Mini-Anlagen jedoch nicht den gesetzlichen Regelungen des EEG.
Weder die Anmeldung beim Netzbetreiber noch der Eintrag ins Marktstammdatenregister sind explizit gesetzlich vorgeschrieben, wie das bei den großen Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach der Fall ist. Prinzipiell könnte sich also jeder Mieter ein eigenes Kraftwerk einrichten, ohne sich vorher eine Erlaubnis einzuholen. Vorausgesetzt, die Anlage entsprich den anerkannten Regeln der Technik, wie das Bundeswirtschaftsministerium ausdrücklich bestätigt. Diese Regeln stellt der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik VDE auf, im Falle der Balkonkraftwerke gilt die Richtlinie DIN VDE 0100-551-1:2016-09.
1. Kann der Vermieter die Installation verbieten?

Wer zur Miete wohnt, sollte vor der Installation einer Solaranlage seinen Vermieter informieren. Zwar hat das Amtsgericht Stuttgart im Jahr 2021 einen Anspruch von Mietern auf den Betrieb eines Balkonkraftwerks festgestellt. Wer Streit vermeiden möchte, meldet seine Pläne trotzdem an. Vorher ist ein Blick in den Mietvertrag nützlich, der eine solche Installation von vornherein ausschließen könnte.
2. Wie wird ein Balkonkraftwerk angeschlossen?

Als Nächstes sollte der künftige Kraftwerksbetreiber einen Blick auf die Steckdose werfen, an dem er seine Mini-Solaranlage anschließen möchte. Die Deutsche Gesellschaft für Solarenergie DGS hält eine haushaltsübliche Schukosteckdose für grundsätzlich geeignet, ein Balkonkraftwerk zu betreiben. Allerdings entspricht so eine normale Haushaltssteckdose nicht den Vorgaben mancher Netzanbieter zur Betreibung von Solaranlagen. Es ist also ratsam, sich vor der Installation einer Plug in-Anlage zu informieren, wie die örtlichen Anforderungen aussehen. Auf der sicheren Seite ist man auf jeden Fall mit einer dreipoligen Wieland-Steckdose, die auch der Zentralverband der deutschen elektro- und informationstechnischen Handwerke ZVEH für den Betrieb von Balkonkraftwerken empfiehlt. Wieland-Stecker sind sowohl berührungs- als auch verwechslungssicher.
Selbst die DGS fordert für den Betrieb über einen Schukostecker besondere Sicherheitsmaßnahmen:
• Anschluss nur über eine einzelne Wandsteckdose, nie über eine Mehrfachsteckdose.
• Die Steckdose muss über einen Sicherungsautomaten gesichert werden.
• Die gesamte Anlage muss dem DGS-Sicherheitsstandard entsprechen.
• Die elektrische Hausanlage muss auf dem neuesten Stand der Technik sein.
• Es sollte möglichst ein FI-Schutzschalter vorhanden sein.
Balkonkraftwerke mit mehr als 600 Watt Leistung oder mehr als einem Photovoltaik-Modul müssen zwingend an eine Wieland-Dose angeschlossen werden.
Die bereits zitierte HTW-Studie hat festgestellt, dass die meisten Systeme heute über Schukostecker angeschlossen sind, nur etwa 20 Prozent sind über einen Wielandstecker mit dem Stromnetz verbunden.
3. Kann man die Anlage komplett selbst installieren?

Prinzipiell kann jeder sein Balkonkraftwerk selbst mit dem Stromnetz verbinden. Vorausgesetzt, die Anlage entspricht der vorgeschriebenen VDE-Norm DIN VDE 0100-551-1 und hat nicht mehr als 600 Watt Leistung. Es empfiehlt sich jedoch in jedem Fall, die Hauselektrik vorher durch einen Fachhandwerker überprüfen zu lassen.
Verwendet man einen Schukostecker, kann die Anlage problemlos über eine normale Steckdose mit dem Netz verbunden werden. Entscheidet man sich für einen Wieland-Stecker, muss der Elektriker eine neue Steckdose anbringen. Dafür braucht er aber nicht länger als eine halbe Stunde.
4. Gesetzliche Vorgaben
Ein Balkonkraftwerk, das Strom für den Eigenbedarf produziert, sollte vor der Inbetriebnahme beim örtlichen Netzbetreiber angemeldet werden. Zwar gibt es dafür in Deutschland noch keine explizite gesetzliche Vorschrift, wer sich keinen Ärger mit seinem Anbieter einhandeln will, sollte diese Vorgabe dennoch einhalten.
Der Netzbetreiber wird daraufhin den relevanten Zähler überprüfen. Ein Balkonkraftwerk darf nämlich nicht mit einem alten analogen Zähler betrieben werden, der rückwärts laufen kann. Soll die Anlage mit einem solchen Zähler betrieben werden, muss zwingend eine Rücklaufsperre vorhanden sein. Auf der sicheren Seite ist man auf jeden Fall mit einem modernen Zweirichtungszähler.
Des Weiteren sollten Sie Ihr geplantes Balkonkraftwerk im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registrieren lassen. Zwar gibt es auch dafür keine gesetzliche Verpflichtung, dennoch ist es unbedingt ratsam, dieser Vorgabe ebenfalls nachzukommen.
Rechnet sich ein Balkonkraftwerk?
Angesichts steigender Strompreise kann sich so eine Mini-Solaranlage durchaus rechnen. Denn der Strom aus dem Balkonkraftwerk ist natürlich viel günstiger als die Energie, die Sie vom Netzanbieter beziehen. Für den Strom aus der Steckdose zahlt man etwa 35 Cent pro Kilowattstunde. Im Vergleich dazu ist der Solarstrom aus dem eigenen Kraftwerk mit etwa 5 bis 8 Cent geradezu billig. Rechnet man für die Anschaffung mit 300 bis 1.000 Euro, amortisiert sich die Anlage innerhalb von 8 bis 12 Jahren. Insofern kann man den Betrieb eines Balkonkraftwerks guten Gewissens als lohnenswert bezeichnen.
Leistung | Preis pro kWh | Ausstoß pro Jahr | Ersparnis proJahr |
300 Watt | 35 Cent | 200 kWh | 70 Euro |
600 Watt | 35 Cent | 400 kWh | 140 Euro |
Folgende Kriterien beeinflussen den Stromertrag:
• Die Himmelsrichtung, nach der das Photovoltaik-Modul ausgerichtet ist.
• Der Neigungswinkel des Moduls im Verhältnis zum Boden.
• Die Lage des Standortes im oder am Gebäude.
• Die elektrische Hausanlage muss auf dem neuesten Stand der Technik sein.
• Die Sonneneinstrahlung, die am Standort durchschnittlich herrscht.
Prinzipiell ist die Aufständerung auf einem Dach, Flachdach, einer Terrasse oder im Garten ertragversprechender als die Installation an der Hauswand oder am Balkongeländer.
Ein Gestell auf dem flachen Boden kann man optimaler platzieren und ausrichten.
Wer nur einen Balkon zur Verfügung hat, kann am meisten Ertrag erzielen, wenn er seine Anlage nicht an der Wand oder am Geländer befestigt, sondern schräg auf einem Gestell anbringt. Das hat eine Untersuchung der Hochschule Rosenheim ergeben. Für den dortigen Standort haben sich dabei folgende Erträge ergeben:

Ausrichtung Modul | Ausrichtung Balkon | Neigungswinkel 90 ° | Neigungswinkel 70 ° |
Südlich | Südlich | 780 Wh/Watt | 780 Wh/Watt |
Südlich | Östlich | 476 Wh/Watt | - |
Östlich | Östlich | 572 Wh/Watt | - |
Südlich | Westlich | 536 Wh/Watt | - |
Westlich | Westlich | 568 Wh/Watt | - |
Über die reinen Zahlenwerte hinaus spielen eventuell auch diese Fakten eine Rolle bei der Bewertung, ob sich ein Balkonkraftwerk für Sie lohnen könnte:
Kein Stromspeicher
Der erzeugte Strom einer kleinen Solaranlage ist für den direkten und sofortigen Verbrauch gedacht. Die Energie wird also nicht gespeichert. Man versorgt damit vor allem permanent laufende Geräte wie Kühlschrank oder Router
Keine Produktion bei Stromausfall
Gibt es einen Stromausfall, kann auch das Balkonkraftwerk nicht mehr arbeiten. Denn der Wechselrichter braucht das Hausnetz, um den erzeugten Strom umzuwandeln und einzuspeisen.
Kein Geld für überschüssigen Strom
Produziert die Anlage mehr Strom, als der Haushalt verbraucht, wird dieser automatisch ins Netz eingespeist. Eine Vergütung gibt es dafür allerdings nicht. Wer mit seinem selbst erzeugten Strom Geld verdienen möchte, braucht eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach.
TIPP!
Es gibt Wechselrichter mit WLAN, die für optimale Kontrolle der erzeugten Strommenge sorgen. Die Informationen kann man sich beispielsweise via App auf dem Smartphone anzeigen lassen. Damit sind auch Auswertungen möglich, die einen langfristigen Überblick der eigenen Stromproduktion liefern. Diese können Sie beispielsweise ebenfalls über einen Clouddienst abrufen. Darüber hinaus gibt es im Handel intelligente Steckdosen, die den Stromverbrauch erfassen. Manche Modelle erlauben sogar die langfristige Protokollierung der Stromflüsse.
Wie groß dürfen die Kleinstanlagen eigentlich sein?
Mini-Anlagen bleiben in der Regel unter einer Leistungsgrenze von 600 Watt. Prinzipiell könnte man natürlich auch ein Balkonkraftwerk mit mehreren Modulen betreiben, das mehr als 600 Watt Leistung erbringt. Dann gelten aber andere Regelungen und die Gesetze für größere Anlagen treten in Kraft. In diesem Fall gibt es auch Vergütungen für überschüssigen Strom, der ins Netz eingespeist wird. Wer selbst erzeugten Strom verkaufen will, muss sich allerdings an die offiziellen Regelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG halten.
Balkonkraftwerke mit 600 Watt Leistung profitieren hingegen davon, dass es in Deutschland kein Gesetz zur Erzeugung von selbst genutztem Strom gibt. Gemäß VDE-Norm AR-N 4105-2018:11 dürfen Anlagen, deren Wechselrichter die Ausgangsleistung von 600 Watt nicht überschreitet, beispielsweise vereinfacht angemeldet werden. Geht die Leistung über diesen Wert hinaus, ist unter anderem ein Inbetriebsetzungsprotokoll mit Unterschrift des Fachinstallateurs zwingend vorgeschrieben, der beim Netzbetreiber eingetragen ist. Dann dürfen Sie Ihre Solaranlage also nicht mehr einfach selbst anschließen.
Eine offizielle Bagatellgrenze gibt es zwar in Deutschland nicht, kleine Balkonkraftwerke sind jedoch auf die Erzeugung von Strom für den unmittelbaren Eigenbedarf ausgerichtet. Es geht also nicht darum, möglichst viel Strom zu erzeugen, sondern einen Großteil des eigenen Haushaltsbedarfs zu decken, um die Energiekosten zu senken.
Vor allem für Mieter empfehlen sich also kleine Kraftwerke für den Balkon innerhalb der 600-Watt-Grenze. Wenn Sie sich für eine Paketlösung mit Solarmodul, Halterung, Wechselrichter und Anschlusskabel entscheiden, wählen Sie die einfachste Möglichkeit, eigenen Strom zu erzeugen und damit auf Dauer Energiekosten zu sparen.
Gibt es staatliche Fördermittel für Balkonkraftwerke?
Einige Städte und Gemeinden haben tatsächlich Förderprogramme für Balkonkraftwerke aufgelegt. Und es werden immer mehr. Bevor man die Installation einer solchen Anlage plant, sollte man sich also auf jeden Fall bei der örtlichen Verwaltung nach Fördermöglichkeiten erkundigen. Die meisten Geldleistungen muss man nämlich noch vor dem Kauf beantragen.
Hier einige Beispiele:
Ort | Fördermittel | Bedingungen |
Aachen | Pauschal 300 Euro | 150-600 VA, Antrag vor dem Kauf |
Darmstadt | 50 % der Anschaffungskosten, maximal 200 Euro | Kaufdatum ab 16.07.2021 |
Düsseldorf | Pauschal 700 Euro | Bis 1 KW, Zertifizierung IEC-Norm |
Freiburg | Bis zu 200 Euro | Wieland-Steckdose |
Kiel | Pauschal 100 Euro | Antrag vor dem Kauf |
Die meisten Kommunen fördern Mieter nur, wenn eine Einverständniserklärung des Vermieters vorliegt. Zudem müssen die Bedingungen des Netzbetreibers erfüllt werden.
Wie finden die Netzanbieter eigentlich den Trend?
Nun, Stadtwerke & Co würden das Geschäft natürlich gerne weiterhin selbst machen. Denn die deutschen Haushalte verbrauchen jedes Jahr rund 150 Milliarden Kilowattstunden, da ist viel zu verdienen. Der steigende Einsatz von kleinen Solaranlagen, mit denen die Verbraucher ihren Strom selbst erzeugen, tut den Netzbetreibern also weh. Und sie versuchen, sich gegen den Boom zu wehren. Einzelne Stadtwerke bringen Kunden, die Balkonkraftwerke in Betrieb setzen möchten, mit komplizierten Anmeldeformularen fast zur Verzweiflung.
Die Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen lassen sich aber von solchen Hürden nicht abschrecken. Denn viele Solar-Guerilleros sehen ihr Balkonkraftwerk nicht nur als Sparmöglichkeit an. Es geht ihnen auch um ein politisches Statement. Denn je mehr Mini-Solaranlagen ans Netz gehen, desto mehr erhöht sich der Druck auf die Verantwortlichen in Sachen Energiewende.

Fazit – Ein kleines Kraftwerk auf dem Balkon spart Stromkosten
Ein Balkonkraftwerk ist eine kleine Solaranlage, die nach dem Plug in-Prinzip mit dem Haushaltsnetz verbunden wird. Die Inbetriebnahme ist also denkbar einfach und man kann sofort nach dem Anschluss mit der Stromproduktion beginnen. Hier geht es um den Eigenbedarf für den direkten Verbrauch. Eine Speicherung oder ein Verkauf von überschüssigem Strom sind nicht das Ziel einer solchen Anlage. Mit geringen Anschaffungskosten und wenig Installationsaufwand kann eine Mini-Photovoltaikanlage auf dem Balkon Stromkosten sparen.
Entscheidet man sich für eine günstige Komplettlösung im Paket mit Solarmodul, Halterung, Wechselrichter und Anschlusskabel, kann man unmittelbar nach dem Aufstellen der Anlage mit dem Sparen beginnen. Neben dem Senken der Stromkosten hat ein Balkonkraftwerk den Vorteil der nachhaltigen Stromerzeugung. Damit spart man also nicht nur bares Geld, sondern tut auch noch was für die Umwelt und beteiligt sich ganz direkt an der Energiewende.
Balkonkraftwerke erleben angesichts steigender Strompreise und knapper werdender Ressourcen einen wahren Boom. Jetzt ist also genau der richtige Zeitpunkt, sich für die Erzeugung des eigenen, umweltfreundlichen Stroms zu entscheiden.